Fragen an einen Hobbyjäger
Von Rothirsch bis Dachs, er kennt sie alle. Seit über einem Jahrzehnt geht Winfried Kalk auf die Jagd – egal bei welchem Wetter. Ob er Mitleid mit den Tieren hat, die er erlegt und was ihn an der Jagd stört, erzählt er im Interview.
von Lynn Bischoff und Victoria Wolf
Wenn andere morgens noch schlafen oder abends auf der Couch fernsehen, fährt er in den Wald. Immer mit dabei sein Jagdgewehr, das Fernglas und manchmal auch seine Hündin Bella. Winfried Kalk hat die meisten Waldtiere schon live erlebt und kennt sich bestens in der Natur aus. Der 71-jährige aus Cheine (Sachsen-Anhalt) kam schon in seiner Kindheit mit der Jagd in Berührung und machte es vor 13 Jahren zu seinem Hobby.
Wie sind Sie zum Jagen gekommen? Hat in Ihrer Familie früher schon jemand gejagt?
Winfried Kalk: In meiner Familie hat niemand gejagt. Aber unsere Nachbarn waren früher Jäger, da habe ich als Kind öfter helfen müssen. Da habe ich dann mal die Tiere vom Acker geholt oder die Beine festgehalten. Mich hat die Jagd damals schon interessiert. Ich bin aber erst Jäger geworden, als ich 58 Jahre alt war. Meine Freunde hatten alle Jagdscheine, deswegen wollte ich auch einen machen.
Um Jäger sein zu dürfen, muss man eine Prüfung ablegen. Wie lange dauert die Jagdprüfung?
Winfried Kalk: Durch mein Vorwissen über die Jagd war die Prüfung für mich nicht so schwer, ich bin bei meinen Freunden oft mitgegangen. Man muss aber auch viele theoretische Sachen wissen, zum Beispiel die Waffenverordnung, das Jagdrecht oder Wildkunde. Ich habe ein ganzes Buch nur mit Theorie. In der Prüfung selbst gibt es dann einen schriftlichen Teil mit Fragen, eine mündliche Prüfung und natürlich musste ich auch schießen. Ich hatte meinen Jagdschein dann innerhalb von drei Wochen.
Dürfen Sie mit dem Jagdschein alles machen oder gibt es bestimmte Einschränkungen?
Winfried Kalk: Die ersten drei Jahre durfte ich nur bei anderen Jägern mitgehen. Man bekommt einen sogenannten Begehungsschein, der ausweist, in welchen Gebieten gejagt werden darf. Nach den drei Jahren konnte ich dann auch selbst ein Waldgebiet pachten und dort jagen. Ich darf aber nur in diesem gepachteten Gebiet jagen, nirgendwo anders.
Welchen Sinn hat die Jagd?
Winfried Kalk: Die Jagd ist grundsätzlich dazu da, um einen gesunden Wildbestand im Wald zu haben. Wir erlegen die kranken und alten Tiere.
Haben Sie Mitleid mit den Tieren?
Winfried Kalk: Ich habe tatsächlich Mitleid mit den Tieren, die ich erlege. Ich kenne aber auch viele Jäger, bei denen das nicht so ist. Wenn ich zwei Tiere sehe, die zusammen unterwegs sind, dann lasse ich sie laufen. Ich bringe es nicht übers Herz, eins davon zu erlegen und das andere ist danach allein. Andere erlegen jedes Tier, das ihnen über den Weg läuft, das kann ich nicht.
Verarbeiten Sie jedes Tier, das Sie erlegen?
Winfried Kalk: Ich verarbeite jedes Tier. Ich zerlege sie und dann werden die Stücke eingefroren oder verkauft. Ich bereite dann auch was für meine Familie zu. Meine Nachbarn bekommen auch oft noch etwas ab. Ich muss aber dazu sagen, dass Füchse zum Beispiel nicht zum Verzehr geeignet sind. Die werden eingebuddelt, wenn ich sie geschossen habe. Früher wurden noch Pelze aus dem Fell gemacht, aber das ist jetzt nicht mehr üblich.
Was ist das Schönste am Jagen?
Winfried Kalk: Für mich ist es die Ruhe im Wald. Ich sitze auf meinem Ansitz und kann einfach die Ruhe und die Natur genießen. Bei schönem Wetter macht das natürlich mehr Spaß.
Und was stört Sie an der Jagd?
Winfried Kalk: Im Moment stört es, dass kein Wild mehr da ist. Der Wolf verbreitet sich immer mehr und reißt das Wild. Ein anderer Punkt sind aber auch die Gesellschaftsjagden. Die Landesforsten gehen dann auf Jagd und schießen alles tot. Man muss richtig viel Geld bezahlen, um da mitzumachen.
Haben Sie denn schon mal einen Wolf gesehen?
Winfried Kalk: Ja, ich habe schon einige gesehen. Erst letztens wieder hier in der Gegend. Da sind sogar neun Wölfe über das Feld gelaufen, haben bei einem Wasserloch kurz angehalten und dann sind sie weitergelaufen. Ich habe auch schon zwei mitten am Tag gesehen, das wird immer mehr.
Jäger haben bei der Jagd auch Jagdhunde dabei. Haben Sie manchmal Angst um Ihren Hund?
Winfried Kalk: Mein Hund Bella ist ein Bayerischer Gebirgsschweißhund. Sie ist nicht so oft bei der Jagd dabei. Im März wird sie zehn Jahre alt und bei dem Wetter ist ihr immer kalt. Aber wenn sie dabei ist, dann habe ich immer Angst um sie. Einmal habe ich einen 150 Kilogramm Keiler, also ein Wildschwein, geschossen. Bella hat das zu fassen bekommen, das war schon sehr gefährlich für sie. Das Wildschwein muss sie nur einmal angreifen und an der falschen Stelle erwischen, dann kann das tödlich für den Hund sein.